

Text For The Month / Monatsspruch
Texts for the months of June and July 2011
Juni 2011Einer teilt reichlich aus und hat immer mehr, ein anderer kargt, wo er nicht soll, und wird doch ärmer. Sprüche 11,24 Anlässlich der 400 Jahre King James Bible wird oft von dem grossen Einfluss dieser Übersetzung auf die englische Sprache und Kultur die Rede sein. Die gleiche Bedeutung hat die Luther Bibel von 1545 für die Deutschen. Ich erwähne dies hier, weil in der Luther Bibel die Einleitung zu den Sprüchen Salomos vor fast 100 Jahren erklärte, dass diese Sprüche, aus denen der Text für Juni gewählt wurde, “zu den beliebtesten und gelesensten Teilen des Alten Testaments gehören”. Aber wer weiss heute noch, dass von den zahlreichen Bibelworten, die als Sprichwörter im Volksmund zu finden sind, einige aus der Sammlung der Sprüche Salomos kommen: “Hochmut kommt vor dem Fall” (Spr. 16,18); “Wenn dich die bösen Buben locken, so folge ihnen nicht” (Spr. 1,10); “Unrecht Gut gedeihet nicht” (Spr. 10,2); “Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein” (Spr. 26,27). Das ist altorientalische Weisheit, die nicht nur auf Salomo und die Phönizier um 1000 v. Chr., sondern noch ältere Quellen aus dem Mittelmeerraum bis zu 1500 Jahre v. Chr. zurückgehen. Es ist allgemeine Lebensweisheit von überzeitlicher Gültigkeit. Und wiederholt wird dabei unterstrichen, dass das Handeln Gottes nicht als ein vorgegebenes Recht dem Menschen zur Verfügung steht: “Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg; aber der Herr allein lenkt seinen Schritt” (Spr. 16,9), uns mit “Der Mensch denkt, aber Gott lenkt” bis heute geläufig. Wenn wir nach diesem Exkurs gezielt den Monatsspruch bedenken, kommt uns sogleich der materielle Reichtum in den Sinn. Aber wenn es um das “reichlich teilen” geht, gehört alles dazu, was der Mensch als Gottesgabe zur tätigen Liebe in ihrer Hinwendung zum Mitmenschen, ja zur ganzen Schöpfung zur Verfügung hat. Zum Thema “Geben” könnten nun hunderte von Zitaten aufgezählt werden. Aber das Märchen, aus alter mündlicher Überlieferung von den Brüdern Grimm um 1825 aufgeschrieben, erklärt es gut: Die Sterntaler
Das Märchen macht es klar, dass es sich bei dem ersten Teil des Spruches mit dem “immer mehr haben” nicht um eine vorsätzlich geplante Anhäufung von Werten handelt. Belohnung als Motiv für das Tun kann man hiervon gerade nicht ableiten. Da halte ich es mit Immanuel Kant: “Reich ist man nicht durch das, was man besitzt, sondern mehr noch durch das, was man mit Würde zu entbehren weiß, und es könnte sein, dass die Menschheit reicher wird, indem sie ärmer wird, und gewinnt, indem sie verliert”. Ich deutete bereits an, dass nicht nur die Menschheit, sondern die ganze Schöpfung unsere Besinnung auf das Teilen nötig hat. Hierzu ein Beispiel aus unseren Tagen: Überall in der Welt verschwinden ganze Wälder mit unglaublichem Tempo. Wir nehmen mehr als wir geben können. Nun hat man auf Madagascar in drei Jahren eine Million Bäume gepflanzt, um die verbliebenen Waldinseln wieder miteinander zu verbinden und damit die dort für die Welt einzigartige Flora und Fauna zu retten. Also austeilen um zu erhalten, aber noch weit entfernt vom bereichern. Die im zweiten Teil des Monatsspruchs beschriebene Verhaltensweise erlebt man auf jeder gesellschaftlichen Ebene immer wieder, nämlich den im Geiz verarmten und dadurch vereinsamten Menschen, der aus der Welt scheidet und ein ungenutztes Vermögen hinterlässt. Geben konnte er “nicht übers Herz bringen”. Hören wir doch auf das Wort nach Hebräer 13,16: “Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht; einen fröhlichen Geber hat Gott lieb”.
Juli 2011Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Matthäus 6,21 Wiederum ist der Sinn dieses Spruchs bereits in dem für Juni enthalten. So füge ich hier, aus der Vielfalt der sich anbietenden Beispiele, nur noch eine kleine Beobachtung an. Als Teenager erlebte ich einen älteren Herrn, der jeden Sonntag in der Kirche auf der Empore am gleichen Platz saß. Wenn die Turmuhr zur Stunde schlug, zog er geräuschvoll seine Taschenuhr auf, ganz gleich ob es mitten im Kirchengebet oder dem Vaterunser war. Schlimm, wenn seine Uhr mal stehen geblieben wäre. Bernd Hildebrandt |
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